Fabelwesen im Überblick
Fabelwesen sind Gestalten, die der menschlichen Fantasie entsprungen sind. Sie leben in unseren Träumen und unseren Albträumen, in unzähligen Sagen und Märchen aller Völker. Sie können göttlichen oder teuflischen Ursprungs, Dämonen oder Wächter sein, gut und freundlich oder böse und gefährlich. Manche sind monströs und hässlich, andere lieblich und schön anzusehen.
Es gibt sie als Tier, als Mischwesen aus Tier und Mensch, als Gestaltwandler, als Geist, als gewaltige riesenhafte aber such ganz winzige Wesen. Seit es Menschen auf der Welt gibt, existieren wahrscheinlich auch Fabelwesen. Oft waren sie der Versuch der Menschen, bestimmte unerklärliche Geschehnisse für sich erklärbar zu machen. Sie dienten aber auch dazu, Ratschläge und Weisheiten in Gleichnissen und Geschichten zu verpacken. Manchmal erschienen sie aber auch nur deshalb, weil Menschen ihre vermeintliche Gestalt und ihr Tun beschrieben, die schlecht sahen und hörten und es dadurch zu Irrtümern kam.
Die griechischen Fabelwesen der Mythologie
Als die Menschen noch an Götter glaubten, war ihre Welt auch mit Fabelwesen bevölkert, die diesen Göttern dienten, von ihnen gegen die Menschheit eingesetzt wurden oder die gegen die Götter kämpften. Gerade die griechische Mythologie ist besonders reich an solchen Wesen, denken wir nur an die Hydra, an die Medusa, an Pegasus, an Argus, an den Höllenhund Cerberus, die Zyklopen, die Zentauren, die Sartyre, die Harpyien und viele andere. Es gibt aber auch in der Mythologie anderer Völker Wesen aus Fabeln, wie zum Beispiel den Faun, den Kelpie, den Werwolf, das Einhorn, den Dschinn oder die Elfen.
Die Harpyie
Harpyien sind in der Mythologie Wesen mit einem Vogelkörper, scharfen Krallen und dem Kopf einer Frau. Sie sind schnell wie der Wind und absolut unverwundbar. Manchmal werden sie als wunderschön, manchmal aber auch als ausgesprochen hässliche Kreaturen beschrieben. Der Sage nach sind sie die Töchter eines Meerestitanen. Sie wohnen in einer Höhle auf der Insel Kreta und dienen dem Göttervater Zeus, indem sie Leute töten, die seinen Zorn erregen. Darüber hinaus tragen sie die Seelen von Verstorbenen hinab in die Unterwelt. In der Natur ist die Harpie einer der größten und stärksten Greifvögel der Welt und lebt in den dichten Wäldern Mittel-und Südamerikas.
Bild: Harpyie, Kupferstich von Matthäus Merian, um 1650, aus der Historia Naturalis von John Johnston.
Die Hydra
Bei ihr handelt es sich um ein Ungeheuer mit dem Körper einer Wasserschlange und vielen Köpfen. Auch sie ist beinahe unsterblich. Wenn man ihr Köpfe abschlägt, wachsen immer wieder neue nach, solange nicht der Kopf in der Mitte getroffen wird. Der Sage nach kann ihr Atem Menschen töten und wenn sie aus ihrem sumpfigen Bau kriecht, verwüstet sie das Land und bringt das Vieh um. Nach hartem Kampf soll es dem heldenhaften Herakles allerdings gelungen sein, das Ungeheuer zu vernichten. Heute ist Hydra ein Gleichnis für Aufgaben, die so schwer lösbar sind, dass nach der erfolgreichen Erledigung eines Problems immer wieder neue Probleme auftauchen.
Bild: Gustave Moreau, Herakles und die Lernäische Hydra, 1876; Öl auf Leinwand.
Der Zentaur
Zentauren sind Mischwesen aus Mensch und Pferd, die aus einer Verbindung von Göttinnen und Menschen-Männern abstammen. Während Kopf und Hals die eines Mannes sind, ist der Rest Pferd. Je nach Abstammung gibt es zwei sehr unterschiedliche Arten von ihnen. Die einen sind klug und weise, menschenfreundlich, anmutig und schön. Die anderen sind streitsüchtig, nachtragend, boshaft und lüstern.
Bild: Zentaur im Kampf gegen Raubkatzen, Mosaik, 118–138 n. Chr., Altes Museum, Berlin.
Der Basilisk
Der Basilisk ist ein mythisches Tier und wird oft auch als Schlangenkönig bezeichnet. Er hat je nach dem Ursprung der Sage, die von ihm berichtet, ein unterschiedliches Aussehen. Manchmal ist sein Kopf der eines Hahns und der Körper der einer Schlange. Manchmal hat er einen Schnabel, Flügel und Füße. Er kann aber auch wie eine Schlange mit einer Krone auf dem Kopf aussehen, einer Echse oder einem Drachen ähneln. Schon ein Blick in die Augen dieser Kreatur ist tödlich, ebenso sein giftiger Atem. Er hat außerdem die Fähigkeit, jede Waffe, die gegen ihn gerichtet ist, durch sein Gift einfach aufzulösen. Es gibt allerdings drei Möglichkeiten, einen Basilisken zu töten. Wenn ihm ein Spiegel vorgehalten wird, stirbt er durch seinen eigenen Blick. Auch ein Hahnenschrei oder der Biss eines Wiesels können ihn vernichten. In der Natur ist eine Leguan-Art nach ihm benannt.
Der Greif
Er wird oft mit dem Kopf eines Adlers, mit dem Körper eines Löwen und mit kräftigen Flügeln dargestellt. Es gibt aber auch Varianten mit Schlangenköpfen, Vogelfüßen und dem Schwanz eines Skorpiones. Der Sage nach gilt er als ein treuer Hüter, ist ein positives Wesen, ein Hüter, ein Bewahrer alten Wissens und ein Wächter. In der griechischen Mythologie konnte das unsterbliche Wesen fliegen und die Streitwagen der Götter oder diese selbst in den Himmel hinauf heben.
Bild: Greif, Martin Schongauer, Kupferstich um 1485.
Der Kelpie (Wassergeist)
Kelpies sind Wesen aus der keltischen Mythologie und leben der Sage nach besonders häufig in den tiefen dunklen Seen Schottlands. Sie sind sogenannte Gestaltwandler und können manchmal wie ein Mensch, manchmal aber auch wie ein Pferd aussehen. Sie sind sehr bösartige Dämonen, die harmlosen Wanderern oder Reitern auflauern und sie mit List und Tücke ins Wasser ziehen, sie ertränken und fressen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, um diesen Dämonen zu entkommen. Man muss ihm einen Brautschleier überwerfen, oder, falls er als Pferd erscheint, das eigene Zaumzeug. Wenn das gelingt, ist die Macht des Dämons gebannt.
Der Faun
Er ist ein Mischwesen mit dem Kopf und den Oberkörper eines Menschen und den Unterkörper eines Ziegenbocks mit Schwanz und Bockshufen. Oft trägt er auch Hörner, manchmal spielt er auf der Flöte. Faune können freundlich sein, die Felder der Menschen beschützen, ihnen Geschenke machen. Aber sie können ihnen auch Streiche spielen und sie auf Abwege führen. Manche von ihnen sind wollüstig und verführen junge Leute zur Sittenlosigkeit.
Der Mantikor
Er stammt aus der persischen aber auch aus der indischen Mythologie und ist eine Mischung aus Mensch, Löwe und Skorpion. Manchmal hat der Manikor Flügel, manchmal drei äußerst scharfe Zahnreihen hintereinander, oder auch giftige Stacheln. Er ist ein grausamer Menschenfresser, verbirgt aber seine Absichten hinter falscher Freundlichkeit und einer sanften angenehmen Stimme.
Bild: Mantikor, Jonstonus, Joannes, “A description of the nature of four-footed beasts” (1678)
Der Troll
Trolle kommen in der nordischen Mythologie vor. Sie können sehr klein, aber auch riesig groß sein, kahl oder behaart, sind eher hässlich als niedlich. Sie lassen sich nicht gut beschreiben, weil sie ihre Gestalt und ihr Aussehen verändern können. Der Sage nach leben sie in Höhlen, unter Steinen, in Ruinen und Bergwerksstollen oder im dichten Wald. Bei Tageslicht erstarren sie zu Stein und nachts necken und ärgern sie die Menschen und treiben Unfug. Es gibt auch sehr böse Trolle, die Kinder aus ihren Bettchen stehlen und ihre eigenen Kinder hineinlegen. Aber auch gute kommen vor, die wie die guten Feen die Wünsche der Menschen erfüllen.
Der Werwolf
Bei ihm handelt es sich der Sage nach um einen Menschen, der sich, meistens bei Vollmond, in einen Wolf verwandelt und bei Tagesanbruch wieder zum Menschen wird. Der Sage nach werden Menschen zum Werwolf, weil sie ein Bündnis mit dem Teufel eingegangen sind, oder von einem Werwolf gebissen worden und diesen Angriff überleben. Als Menschen bleiben sie völlig normal, aber als Werwolf werden sie zu gefährlichen hungrigen blutrünstigen Ungeheuern, die man nur töten kann, wenn man sie mit einer Silberkugel erschießt.
Das Einhorn
Es kommt in den Mythen und Sagen vieler Völker vor und ist das edelste unter den Fabeltieren. Einhörner sind oft sanfte und wunderschöne weiße Pferde mit einem Horn mitten auf der Stirn. In der chinesischen Mythologie sehen sie eher aus wie weiße Hirsche. Manchmal haben sie auch Flügel, Schuppen oder gedrehte Hörner. Einhörner sind allgemein das Symbol für Glück, für das Gute, Edle und Reine. Das chinesische Einhorn steht außerdem für Kindersegen (besonders für Söhne).
Der Dschinn
Der Dschinn entstammt der orientalischen Mythologie. Er ist ein Geistwesen oder Dämon, lebt meist eingesperrt in einer Flasche oder einem anderen verschließbaren Gefäß, in das er wegen Ungehorsams oder wegen eines Verbrechens eingesperrt wurde. Wird er durch irgend einen Umstand freigelassen, entfaltet er seine Zauberkräfte und muss dem, der ihn befreite, dienstbar sein. Aber sich von einem Dschinn seine Wünsche erfüllen und ihn für sich arbeiten zu lassen, ist nicht ungefährlich. Der Dschinn ist zwar mächtig aber auch sehr listig. Wie bei den Wünschen an Feen kann sich auch der Wunsch an einen Dschinn leicht gegen einen selbst richten.
Die Elfen
Elfen, Elben oder Alben kommen ebenfalls in den Fabeln und Märchen vieler Völker vor. Besonders in der Mythologie nördlicher Völker spielen sie eine große Rolle. Auch sie gehören zu den Naturgeistern. Elfen sind oft wunderschöne zarte Wesen mit spitzen Ohren, die die Natur beschützen und den Menschen Gutes tun. Es gibt aber auch Elfen, die viel Schabernack treiben und böse werden können, wenn man sie aufstöbert und ihre Ruhe stört. Diese Naturgeister haben übernatürliche Kräfte, sie können fliegen, ihre Gestalt verändern, sich unsichtbar machen.
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