Wer waren die Gebrüder Grimm?
Die Gebrüder Grimm, in der Literatur auch oftmals unter Brüder Grimm zu finden, sind ein Brüderpaar mit Weltruf. Denn Jacob Grimm, der von 1785 bis 1863 lebte, und sein wenig jüngerer Bruder Wilhelm Grimm, der 1786 geboren wurde und im Jahre 1859 starb, sind als die bekanntesten Märchensammler Deutschlands in die Geschichte eingegangen.
Ihre Sammlung der Kinder- und Hausmärchen kennt hierzulande wirklich jedes Kind. Und auch im europäischen Ausland erlangten die Gebrüder Grimm einen ansehnlichen Ruf. Wie sie lebten, wie sie zu den berühmtesten Märchenonkeln der Welt wurden, was dies alles mit klassischer Sprach- und Literaturwissenschaft zu tun hat, und welche wissenschaftlichen Leistungen der beiden Brüder sonst noch für großes Ansehen sorgten, soll im Folgenden dargestellt werden.
Die Familie der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm
Beide Brüder wurden in der hessischen Stadt Hanau geboren. Das Geburtshaus der Brüder existiert heute nicht mehr: es stand seinerzeit am Hanauer Paradeplatz. Ihre Mutter Dorothea gebar insgesamt neun Kinder, von denen drei allerdings bereits im Säuglingsalter starben. Jacob und Wilhelm waren die ältesten Kinder des Ehepaares Grimm. Ihr Vater war Philipp Wilhelm Grimm. Er stammte aus einer Pfarrersfamilie, schlug selbst jedoch einen anderen Berufsweg ein und wurde Amtmann, also ein Beamter im gehobenen Dienst.
1791 zog die Familie Grimm, da der Vater dort hin versetzt worden war, nach Steinau. Dort wuchsen die Kinder in einer dem Amtmann vorgesehenen Dienstwohnung auf. In Steinau besuchten Jacob Grimm und seine Geschwister die Schule. Bereits 1796 verstarb der Vater, nach dreizehnjähriger Ehe mit Dorothea Grimm, an einer Lungenentzündung.
Die Mutter Dorothea war nun also alleine mit den sechs Kindern, weshalb sie ihre beiden ältesten Söhne im Herbst 1798 nach Kassel schickte, wo sie Aufnahme im Haus ihrer Tante Henriette fanden. Dort besuchten die beiden ältesten Sprösslinge der Grimms das Friedrichsgymnasium. Die Mutter und ihre vier Geschwister blieben in Steinau. Später sollte der 1790 geborene Bruder der beiden, Ludwig Emil Grimm, als Maler und Kunstprofessor von sich Reden machen.
Der 1788 geborene Bruder Ferdinand Philipp Grimm gilt heute als der „vergessene Grimm“. Auch er sammelte, wie seine beiden ältesten Brüder, Sagen und Märchen. Sein Werk gilt als bislang noch sehr wenig erforscht. Einige Literaturwissenschaftler meinen, dass er den berühmten Brüdern zumindest in nichts nachstand, eventuell aber auch der genialste von ihnen allen gewesen sein soll. Was ihm zu Lebzeiten im Wege stand, war ein, für diese Zeit, verpöntes Coming-Out als Homosexueller, das er im Rahmen einer Weihnachtsfeier im Familienkreis gab. Seine Familie brach im Anschluss mit ihm und er starb vereinsamt 1845 in Wolfenbüttel.
Die Studienjahre der Grimms
Jacob und Wilhelm hingegen schwangen sich früh dazu auf Karriere zu machen. 1802, beziehungsweise 1803, nahmen Sie nach dem Abitur jeweils ein Jura-Studium in Marburg auf. Dies ging noch auf den Wunsch des verstorbenen Vaters zurück. Allerdings war das Interesse der beiden an der Juristerei nicht so groß, wie von der Familie erwünscht.
Ihr Marburger Professor Friedrich Carl von Savigny brachte Ihnen statt dessen den Zauber der Literatur nahe. Sie durften seine reichhaltige Privatbibliothek nutzen, durch die sie sich rege lasen. Außerdem brachte er sie mit Literaten der Zeit, wie Clemens Brentano und Achim von Arnim, zusammen. Diese gehörten dem Heidelberger Kreis an, der sich mit Volksdichtung auseinander setzte. Zu dieser Zeit begannen Sie mit der Sammlung von Sagen und Hausmärchen. Das Studium schlossen beide im Jahre 1806 ab.
Nach dem Tode der Mutter im Jahre 1808
Nachdem auch die Mutter der beiden Brüder verstorben war, und sie somit die Familienoberhäupter waren, die für die Versorgung der jüngeren Geschwister zuständig wurden, widmeten sie sich ihrem erfolgreichen Berufsweg. Zunächst stand weiterhin die Märchensammlung im Fokus.
1812 erschien die Erstausgabe der gemeinsam gesammelten und verfassten Kinder- und Hausmärchen. Daneben schrieben die beiden Brüder germanistische Fachaufsätze, die in Zeitschriften erschienen, zum Beispiel zum Thema Minnesang. Dem folgten weiter mehrere Buchpublikationen. Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen aus Wilhelms Feder, oder Über den altdeutschen Meistergesang von Jacob Grimm.
Die Brüder lebten zu dieser Zeit zusammen mit ihrer Schwester Charlotte in einem Haushalt. Charlotte, die 15 Jahre alt war, als die Mutter starb, war nach dem Tod der Mutter die Haushälterin ihrer älteren Brüder. Nach 1813 arbeiteten die Gebrüder Grimm beide an der Landesbibliothek der Stadt. Nebenher widmeten sie sich jedoch immer ihren eigenen literatur- und sprachwissenschaftlichen Studien. 1816 und 1818 publizierten sie verschiedene Sagensammlungen, die jedoch weit weniger erfolgreich waren als ihre Märchensammlung.
Die Deutsche Grammatik und das Grimm Wörterbuch
Die beiden Brüder waren jedoch nicht nur Sammler, sondern auch Wissenschaftler von großem Format. Jacob arbeitete 1818 und 1819 hauptsächlich an der Deutschen Grammatik, die sich nicht nur mit der deutschen Sprache, sondern mit allen germanischen Sprachen auseinander setzt.
Im Grunde ist es ein vergleichendes Werk mit den Themen Wortbildung, Flexion, Lautbildung und Lautwechsel. Bis 1826 überarbeitete er das wissenschaftliche Werk und fügte einen zweiten Band hinzu, in dem er Grundlagen für die Erforschung der modernen Etymologie – also die Forschung der Herkunft, Geschichte und Bedeutung der Wörter – schaffte.
1830 wurde Jacob schließlich zum ordentlichen Professor ernannt. Sein Bruder Wilhelm folgte ihm 1835 in den Professorenstand. Seit 1829 lebten die Brüder zudem in Göttingen, wo sie auch weiterhin zusammen wirkten: wie ehedem in einem gemeinsamen Haushalt.
Ab 1838 arbeiteten sie am Grimm Wörterbuch. Zuvor waren sie 1837, in Zeiten politischer Unruhen, ihrer universitären Ämter enthoben worden. Ziel der Ausarbeitung des Grimm Wörterbuch war es ein Belegwörterbuch zusammenzustellen, das die Herkunft und den Gebrauch jedes deutschen Wortes aufschlüsselt und erläutert. Dies war eine gewaltige Aufgabe, die die Brüder zu Lebzeiten nicht abschließen konnten.
Die Grimms versammelten zwar 80 Mitarbeiter um sich, die unter ihrer Federführung ebenfalls an dem Wörterbuch arbeiteten: als Wilhelm starb waren sie jedoch erst bis zum Buchstaben D gelangt. Jacob, der vier Jahre später starb, befasste sich zu seinem Todeszeitpunkt mit dem Wort Furcht. Nichts desto trotz legten die Brüder mit ihrem Wörterbuch den Grundstein für eines der bedeutendsten sprachwissenschaftlichen Forschungsprojekte, das nach ihrem Tod weitergeführt und 1961 schließlich abgeschlossen wurde.
Die Brüder Grimm und interessante Fakten, die nachwirken
Über die Gebrüder Grimm sind Informationen inzwischen in vielen Einrichtungen abrufbar. Zum Beispiel im Gebrüder Grimm Haus in Steinau, das als Grimm Museum fungiert. Hier finden Interessierte hauptsächlich alles über die Märchensammlungen der Brüder. In der Dauerausstellung wird jedoch auch auf Leben und wissenschaftliches Wirken der Brüder Grimm eingegangen.
Dauer- und wechselnde Sonderausstellungen integrieren auch das Werk der weiteren Grimm-Geschwister, also Ferdinand Philipp Grimms, und Ludwig Emil Grimms. Dessen Gemälden und Kupferstichen ist ein eigener Raum des Museums gewidmet. Untergebracht ist das Gebrüder Grimm Haus im ehemaligen Wohnhaus der Familie: dem Amtshaus von Steinau. Daneben gibt es eine Brüder-Grimm-Gesellschaft, die sich wissenschaftlich mit dem Leben und Werk der Grimms befasst.
Die Nachfahren der Brüder Grimm
Nun stellt sich die Frage, ob die Gebrüder Grimm Nachfahren haben, die ihr Werk eventuell noch heute pflegen. Von den sechs das Säuglingsalter überlebenden Geschwistern hatten Jacob, Ferdinand und Carl Grimm keinerlei Nachfahren. Sie blieben alle unverheiratet. Die anderen Geschwister zeugten zwar Nachkommen, jedoch starb die Linie der Grimms mit der Folgegeneration weitgehend aus, da deren Kinder kaum Nachfahren hatten.
Dokumente und Handschriften des Brüderpaares Grimm landeten so bereits um die Wende zum 20. Jahrhundert in Archiven, wie etwa im Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg, der Kasseler Landesbibliothek und Privatbibliotheken. Die Brüder-Grimm-Gesellschaft führte im 20. und 21. Jahrhundert nun viele dieser Schriftstücke wieder an einem Ort zusammen.
Titelbild: Hanau Denkmal Gebrüder Grimm, Harald Gärtner
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